Während des siebenjährigen Krieges, im Jahre 1759, ist es „in einem Hause hinter dem Krökentor“ in Magdeburg zu einem Treffen einer Reihe von Persönlichkeiten aus Politik, Geistesleben und Finanzwelt gekommen. Das Haus, in dem man sich traf, muß dort gestanden haben, wo heute die beiden Hochhäuser stehen. Daß als Ort gerade Magdeburg auserkoren wurde, hatte mit der königlich preußischen Familie zu tun, die sich hier aufhielt. Es liegen einige Aussagen über Grund und Inhalt des Treffens vor: Thema waren stabilisierende und normende Maßnahmen im Gebiet des späteren deutschen Reiches, die Einheit schaffen sollten. Dabei ging es keineswegs nur um militärische Fragen, sondern es wurden Themen erörtert, die wir heute als „Öffentlichkeitsarbeit“ bezeichnen würden, wie die Schaffung von nationaler Identität und dafür verwendbare Symbolfiguren aus Politik und Geistesleben. Von der großen Zahl der versammelten Leute sind allerdings nur wenige angegeben, und nur eine ist genau einzuordnen: Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, die Mutter des Weimarer Herrschers, unter dessen Regierung der Name Goethe Ruhm erlangen sollte. Ins Auge fällt noch der Name „Eckermann“. Ob dieser Eckermann allerdings etwas mit dem Gesprächspartner Goethes zu tun hat, würde ich bezweifeln. Wie dem auch sei: Fast ein Jahrhundert später sollte ein anderer Eckermann mit seinem Buch „Gespräche mit Goethe“ den Mythos „Goethe” im 19. Jahrhundert richtig in Schwung bringen. Dieser spätere Eckermann war unauffällig und umso effektiver als Medienarbeiter. Dem spöttelnden Friedrich Nietzsche zufolge hat Eckermann die besten Texte von Goethe geschrieben. Als Ergebnis der Gespräche, die im „Haus am Krökentor” stattfanden, einigte man sich darauf, mit vereinten Kräften eine zentrale Figur im deutschen Geistesleben einzuführen. Diese Maßnahme taufte man auf den Namen „Goethe”.

Als Markierung für dieses historische Treffen erhalten die beiden Hochhäuser zwei Pudelkerne.

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Als Goethe noch ein Knabe war
Ein Haus am Krökentor, 1759