An der Kreuzung biegt die Staßenbahn vom eigentlichen Streckenverlauf ab. Die Straßenbahn umfährt geschickt den Teil der „Goethe-Meile” auf der oberen Guericke- und anschließenden Erzberger Straße, um am Universitätsplatz wieder dorthin einzuschwenken. Aus dieser Achse, die das Zentrum der „Goethe” - Aktivitäten ist, wurde damit ein entscheidendes Stück ausgeblendet, bzw. von ihm abgelenkt. Gerade über den Abschnitt obere Guericke / Erzberger fehlen jedoch weitgehend Hinweise, was diesen um so brisanter werden läßt.

Der Ort wird am runden Fenster des Citycarees mit einem Pudelkern markiert.

Der russische Urfaust
Bäckerladen Ecke Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße, 1959

Der russische Offizier Baryschnikow, der sich Ende 1959 in Magdeburg aufhielt, spielte hier eine Rolle. Auf seine Anordnung wurde in der Bäckerei eine Tafel aufgehängt, welche die erste Seite aus dem Urfaust wiedergab und in deutscher und russischer Sprache verfaßt war. Sie ähnelte den in großen Mengen verbreiteten propagandistischen Wandzeitungen und fiel deshalb kaum auf. Die Tafel muß sich dort mindestens drei Jahre befunden haben, denn aus dem Jahr 1962 tauchen dann Pläne des Maxim-Gorki-Theaters auf, den Urfaust zu inszenieren, wobei Faust als eine Art proletarischer Intellektueller erscheinen sollte, als Bäcker, der dem Volke geistiges „Brot“ bringt. Die Pläne wurden nicht umgesetzt. Das lag ganz im Trend von Ulbrichts Äußerungen, daß das Volk mit dem Aufbau des Sozialismus in der damaligen DDR den „Faust III” realisiere. Nicht ohne eine gewisse Genugtuung muß ich allerdings feststellen, daß auch ein „Goethe” sich nicht beliebig wie ein Gummiballon dehnen läßt. Diesen „Faust III” hat „Goethe” dann doch abgestoßen wie ein fremdes Organ.

Der Bäckerladen wird mit einem Pudelkern markiert.

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Ablenkungsmanöver
Kreuzung
Otto-von-Guericke-Straße / Ernst-Reuter-AlleeS