Zentrifuge & Strudel
Centrifuge & maelstrom
Erfurt, Anger and Staatskanzlei, 1999, 22 rotatable signs , 22 rotierende Schilder, verspiegelt

Weniger Geld für Vergangenheit / Wer gut bezahlt mag wieder borgen
 

Die Installation der Schilder in der Erfurter Innenstadt besteht aus zwei Teilen. An Laternenmasten werden Schilder montiert, die sich im Wind drehen. Sie zeigen jeweils eine Kombination aus einem klassischen Sprichwort und einer aktuellen Schlagzeile (Vorderseite/Rückseite).
14 Schilder werden entlang des Angers, und weitere 8 Schilder im Innenhof der Thüringer Staatskanzlei angebracht.
"Draußen auf dem Anger" und "drinnen bei der Regierung" sind die Pendants, die für die Installation eine entscheidende Rolle spielen. Wer beobachtet hier wen, wer redet über den anderen und wie? Der Innenhof ist kein öffentlicher Raum, auch wenn er durch ein Gittertor teilweise einzusehen ist. Der Anger ist der klassische öffentliche Raum, an dem sich ein erheblicher Teil des städtischen Betriebes abspielt. Er ist ebenso wie die Staatskanzlei ein Ort der Sprache. Hier wie dort sind Sprichwörter und Schlagzeilen gleichzeitig Aussage und Kommentar. Die Staatskanzlei ist ein politischer Ort, an dem Entscheidungen getroffen und Geschehnisse ausgelöst werden. Sie werden sowohl durch die Presse als auch durch “die Leute” kommentiert. Presse und Volksmund stellen in einer grundsätzlich demokratisch organisierten Gesellschaft eine Bezugsgröße für politisches Denken und politische Reden dar.
Sprichwörter und Schlagzeilen, diese beiden Arten "verbaler Schilder", bezeichnen so etwas wie die Gegenwarts-und die  Vergangenheitsachse in der Sprache. Wie sieht sich die Gesellschaft, wie beschreibt sie sich, und wie formuliert sie das? Was wird ausgeschlossen und was eingeschlossen'? Und: wer spricht überhaupt? Dilemma ist, daß Vereinfachung naturgemäß Grobheit und Undifferenziertheit mit sich bringt. Schlagzeilen und Sprichworte sind Gemeinplätze, die Meinung machen. In ihrer Formelhaftigkeit sagen sie aber auch einiges über Sprache aus und zeigen, wie Kommunikation im allgemeinen funktioniert: Einerseits werden komplexe Zusammenhänge vereinfacht und Schemata an die Hand geliefert, mit Hilfe derer jeder unreflektiert urteilen zu können glaubt. Andererseits wird Kommunikation dadurch vereinfacht und ermöglicht. Das Kunstprojekt versucht, die Sprüche aus ihrem Zusammenhang zu lösen, um zu erreichen, daß sie sich nur auf sich selbst beziehen. Das macht ein Überdenken ihrer Funktionsweise möglich.