Raben
& Rosen
von Henrik Schrat verknüpft regionale Identitätsmomente mit
der Projektion von Angst und Hoffnung Jugendlicher auf die Zukunft.
Das Projekt formt sich in einem Workshop, der mit
Jugendlichen in Sangerhausen durchgeführt wurde. In der Christophorusschule
des dortigen CJD ist die neunte Klasse die Abschlussklasse, und die Zeit
nach der Schule beginnt in den Focus zu rücken.
Das Projekt bezieht sich einerseits auf die Rose
als symbolträchtiger Blume, die als Moment der Identität in
Sangerhausen besondere Bedeutung hat. Die größte Rosensammlung
Europas hat dort ihren Platz. Raben andererseits in ihrer metaphorischen
Komplexität haben ebenfalls eine spezielle Beziehung zur Gegend:
Sangerhausen liegt am Kyffhäuser, einem kleinen Harzvorgebirge. Zentrale
Sage am Kyffhäuser ist die sog. Bergentrückung Kaiser Barbarossas,
Friedrich I. (1122 - 1190). Der Kaiser dämmert dort im Berg und sein
Bart wächst bis er wieder aufwacht. Dann, so die Sage, wird er mit
Macht zurückkommen. Das Denkmal mit der Steinskulptur Barbarossas
im Kyffhäuser(1896) bringt ihn mit Wilhelm I. in Verbindung, und
bringt schwierige Aspekte deutscher Geschichte ins Spiel.
Ob Barbarossa in der Sage wieder erwacht oder nicht,
darüber entscheiden die Raben. Sie kreisen um den Berg, und solang
sie fliegen, muss er schlafen. Alle 100 Jahre schaut ein Zwerg, ob sie
noch da sind.
Die Raben sind der Schalter des Schlafes im Berg.
Die Christophorusschule liegt direkt am Fuße
eines anderen Berges, des 140 Meter hohen Abraumkegels des Bergbaus, der
vor 20 Jahren eingestellt wurde. Grabespyramide der entschwundenen Arbeitsplätze,
ist sie der Berg, aus dem die Kraft gelockt wird. 'Raben' und 'Rosen'
wurden im Workshop als zwei verschiedene Aspekte der Zukunft gesehen.
Sie manifestieren sich als A3 Blattpaare die im Workshop erstellt wurden,
je ein „Rabe“ und eine „Rose“. Schwarze Rorschach-Bilder,
Tuscheformationen wie sie aus der Psychoanalyse bekannt sind werden als
Raben ihren Gegenpart finden in gepressten Rosenblättern. In folkloristischer
Manier werden die hauchdünnen Objekte auf schwarzen Bögen arrangiert.
Diese Blattpaare sind in der Ausstellung des Werkleitz-Festivals in Halle
zu sehen.
Bauen von Rabenfiguren aus Papp, Holz und anderen
Materialien formten den zweite Teil des Workshops. Als Abschluss des Projektes
fand das Rabenbrennen statt, ein Lagerfeuer, in dem die Jugendlichen ihren
Raben verbrennen konnten.
Henrik Schrats Gespür für kontextbezogene
Metaphern bezieht sich in diesem Projekt einmal mehr auf lokale Geschichten
und erzeugt daraus Bilder: Die Bildsprache der komplexen, erzählerischen
Wandbilder und Comics, die Schrat bekannt gemacht haben, wird hier wieder
aufgerufen und zu einfachen Bildern und Handlungen kondensiert.
Mehr Informationen unter: http://www.angsthatgrosseaugen.de/inform/kuenstler/henrik-schrat-raben-und-rosen/
DAS Werkleizfestival ANGST IN FORM enthielt folgende
Projekte:
Antje Schiffers & Thomas Sprenger – Wandern
„Angst vor dem Fremdsein, vor Peinlichkeit oder davor, jemanden
um Hilfe zu fragen; Angst vor dem Alleinsein im Wald, Angst, sich zu verlaufen
oder vor einer Nacht ohne Schutz“.
Critical Art Ensemble – Radiation Burn: A
Temporary Monument to Public Safety
Diese Arbeit wird in der Festivalwoche realisiert werden.
Ella Ziegler – Reisertausch
Auf einem Schwarztauschmarkt an der deutsch-tschechischen Grenze hat Ella
Ziegler (Berlin) im Frühjahr tschechische Edelreiser ertauscht und
damit Apfelbäume in Halle veredelt.
Folke Köbberling/Martin Kaltwasser –
Trash Circulated
Diese Arbeit wird in der Festivalwoche realisiert werden.
Henrik Schrat – Raben und Rosen
Schrat beschäftigt sich mit dem Auferstehungsmythos Barbarossas und
dem nahegelegenen Rosarium in Sangerhausen.
KUNSTrePUBLIK – Halle alle
Diese Arbeit wird in der Festivalwoche realisiert werden.
Leopold Kessler – Zaun schärfen
Ein Gartenzaun wird in Vorbereitung auf bevorstehende Konflikte angespitzt.
Stephan Apicella-Hitchcock – As you wish
Hitchcock spielt mit den Möglichkeiten von Sprache, Angst auszulösen
und als Mittel der Kontrolle zu missbrauchen.
Steven Rowell – Background Listening
Steven Rowell reaktiviert eine ehemalige Telefonabhöranlage des Ministeriums
für Staatssicherheit (Stasi) als Schalt- und Basiszentrale für
Lauschangriffe in die umliegende Landschaft
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