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Lachgummi und Tintenkiller.
Schrat 08/08
Duck
Die tragikkomischen Figuren der Welt haben in Donald Duck einen würdigen
Nachfolger gefunden. Wo Don Quichote gegen Windmühlen anrannte, versucht
Donald seinen Onkel Dagobert anzupumpen, mit ähnlichem Erfolg. Man
nennt es Tollpatschigkeit, wenn man zum Schluss immer noch lacht, und
keiner tot ist. Tragikkomik minus Drama.
Erstaunlich eigentlich, dass diese Figur als ein Protoyp der Amerikanisierung
galt, als sie in den 50er Jahren Europa erreichte. Es stecken in ihre
viele klassische literarische Figuren, und der Einsatz von Tieren als
Charakterträger, hat über Georg Orwells Farm der Tiere eine
lange Traditionslinie zurück bis zu Äsops Fabeln. Charles Barkes,
Donalds Erfinder, hat einen Klassiker geschaffen, der sicher noch lang
überdauern wird.
Es nimmt nicht wunder, wenn die Übersetzerin der Donald-Geschichten
ins Deutsche, Erika Fuchs, deren Text mit vielfachen Zitaten der Literaturgeschichte
durchsetzte. Sie hat viele Preise bekommen für ihr Werk, immerhin
war sie 40 Jahre die Chefredakeurin Donald Ducks, hat alle Original Barks
- Ducks übersetzt. Die grammatische Form des Inflektivs, der nach
ihr auch gern Erikativ gennannt wird, hat sie in die deutsche Sprache
eingeführt und verbreitet. Jubel!
Kapital
Subtil ist die Ducksche Kaptialismuskritik nicht zu nennen, nur mit dem
Mittel des Humors ist sich schwer anfreunden in Weltverbessererkreisen.
Probleme gibt es immerhin: der Kapitalismus wird in Form von Onkel Dagobert
zwar als grotesk aber unzerstörbar hingestellt. Donald, hat denn
auch nichts besseres zu tun, als selbigen immer wieder zu retten. Er kann
zwar nicht dran teilhaben, aber muss ihn doch retten. Vor allem in seiner
Inkarnation als Phantomias, der von Daniel Düsentrieb Hilfsgeräte
gebastelt bekommt, von denen 007 nur träumen kann.
Tinte
Subtil ist auch die Geschichte nicht zu nennen, um die es hier geht. Im
Zentrum des Geschehens steht die afrikanische Tintenindustrie. Das fangen
und melken der Tintenfische ist die Voraussetzung um genügend Rohstoff
für die Tintenraffinerie zu haben. Dressierte Tintenfische werden
ebenfalls teuer gehandelt, sie können als Tintenstrahldrucker eingesetzt
werden. Ihre komplexen Hirnfunktionen sind eine grossartige Möglichkeit
Nervenbahnen direkt anzusteuern und Hirnstromlenkung weiterzuentwickeln.
Ohne Tinte gibt es keine Druckerzeugnisse, und auch mein Füller funktioniert
nicht. Und vor allem für die Presse und Unternehmen ist Tinte essentiell.
Geschäftsberichte müssen geschrieben werden, Bilanzen, Imagebroschüren
und Nachrichten.
Nicht nur aus diesem Grund ist die Afrikanische Zentralbank besonders
daran interessiert, dass die Tintenindustrie reibungslos funktioniert.
Schliesslich ist Tinte auch der wichtigste Exportartikel. Ob als Rohstoff
oder als verarbeitete Sitztinte geht das edle Schwarz von hier in die
Welt.
Baum
Um so fataler ist der Angriff eines Baumschiffes auf eine Tintengewinnungsanlage
tief in der Olongowüste. Es ist kompliziert genug, die Tintenfische
in der Wüste zu kultivieren, und zu maximaler Tintenabgabe zu bewegen.
Viele Angestellte haben hier eine Lebensaufgabe gefunden. Und dann noch
das
Die Arbeiter und Bewacher der Raffinerie wurden von einem unerwartet
auftauchenden Baumschiff angegriffen. Sie haben jedoch nicht mit Phantomias
gerechnet, der schon an der Afrikanischen Küste gelandet ist. Sekunden
später ist er mit seinen Helfern zur Stelle und es entbrennt eine
erbitterte Luftschlacht mit den Baumschiffen.
Lachen
Um die Produktion auch unter diesen schwierigen Bedingungen aufrechtzuerhalten,
und die Angst zu nehmen, wird Süsses abgeworfen von freundlichen
Hubschraubern. Die Devise: Angst ist, wer zum Schluss immer noch Lacht.
In der Gummizelle ist gut lachen, da kann man sich nicht an den Kopf stossen.
Aber um solchen Gummi geht es nicht, wenn Lachgummi ausgegeben wird, sondern
um fruchtige Nullen mit dem Geschmack tropischer Früchte. Schokolade
würde unter diesen Umständen schmelzen, aber die Fruchtnullen
aus Lachgummi sind formstabil auch bei Hitze. Sie sind selbstverständlich
mit lebensmittelechter Tinte gefärbt.
Kracks
Der Inflektiv spielt eine zentrale Rolle dabei, dass die Handlung stets
etwas flapsiges behält, an dramatischem Geschehen nicht festklebt.
Angreifende Kampfhubschrauber die als Geräusch KNATTER oder RUMPEL
von sich geben, sind ohne Zwischenschritt im Entertainment angekommen.
Das entspricht der Distanz, die Infotainment zwischen Geschehen und Beobachter
einzieht, ein Vorgang der einerseits dramatischen Realistätsverlust
zur Folge hat, andererseits Geschehen in einen narrativen Rahmen stellen
kann, der es vermittelbar macht.
Galerie
Solche Geschichte wird auch in der Tintenraffinerie erzählt, deren
Geschwindigkeit durch die sich überlagernden Teilgeschichten erhöht
wird. Die Zeitfenster der Teilgeschichten greifen ineinander. Es gibt
die prinzipielle Trennung zwischen Treppenhaus - Angriff / Anreise / Betreten
der Küste und der Wand in der Galerie, die die Tintenraffinerie zeigt
und die tobende Luftschlacht. Man könnte ihr apokalyptisches zuordnen,
wenn nicht - Kracks, Schlüpf - da ein verbales Problem wäre.
Die nicht lineare und teilweise surreale Interpretation die schon eher
zum Assoziativ - Bingo wird, tut ein übriges zur Verfilzung der narrativen
Struktur.
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